Aufbewahrungspflichten der betrieblichen Altersversorgung

Aufbewahrungspflichten der betrieblichen Altersversorgung

Aufbewahrungspflichten der betrieblichen Altersversorgung

Aufbewahrungspflichten/-fristen des Arbeitgebers in der betrieblichen Altersversorgung 

1. Warum sollten/müssen Unterlagen zur betrieblichen Altersversorgung vom Arbeitgeber aufbewahrt werden? 

Die betriebliche Altersversorgung tangiert eine Vielzahl von Rechtsgebieten (z. B. Arbeitsrecht, Steuerrecht, Handelsrecht, Sozialversicherungsrecht, Versicherungsvertragsrecht). In einzelnen Rechtsgebieten sind verschiedene Aufbewahrungspflichten für Arbeitgeber normiert, um die Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Regelun-gen zu dokumentieren und beweisbar zu machen. Hierzu trifft jedes Rechtsgebiet eigene Regelungen. 

2. Welche Unterlagen sind betroffen?

Da jeder Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung spezifische Besonderheiten beinhaltet, unterscheiden sich auch die hierfür erforderlichen Vereinbarungen und Unterlagen. Relevant für Aufbewahrungen sind hierbei z. B.: 

  • Gesellschafterbeschluss, Aufsichtsratsbeschluss
  • Entgeltumwandlungsvereinbarung
  • Arbeitsrechtliche Zusage (z. B. Betriebsvereinbarung, Versorgungsordnung, Einzelzusagen, Leistungsplan)
  • Verpfändungsvereinbarung
  • Gruppenvertrag
  • Soweit die Versicherung für den Inhalt der Zusage maßgeblich ist –  z. B. Bezugnahmeregelungen:
  • wie z. B.: Versicherungsschein, Standmitteilungen oder die Versicherungsbedingungen
  • Aufnahmeantrag (soweit die Zahlung der Versicherungsprämie vor formellem Vertragsbeginn erfolgt)

 

3. Wie lange müssen diese Unterlagen mindestens aufbewahrt werden?

Steuerrechtlich werden in der Abgabenordnung (AO) und im Einkommensteuergesetz (EStG) Aufbewahrungsfristen normiert. Die längste Frist von zehn Jahren wird in § 147 AO geregelt. Von dieser Frist der Abgabenordnung betroffen sind alle geschäftlichen Unterlagen und Dokumente, die für die Gewinnermittlung des Betriebs maßgeblich sind. Im Bereich der bAV bedeutet dies, dass sämtliche Unterlagen aufbewahrt werden müssen, die zum Ver-ständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnung im Einzelfall von Bedeutung sind (Belegprinzip, s. a. BMF-Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 –S 0316/19/10003 :001; Randziffer 30). Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten einen aussagekräftigen und vollständigen Überblick über die entsprechenden Geschäftsvorfälle vermittelt (sog. progressive und retrograde Prüfbarkeit). Dies bedeutet, dass im Zweifelsfall alle unter Ziffer II genannten Unterlagen (als Vertrags- und Buchungsunterlagen) zehn Jahre aufbewahrungspflichtig sind. Die Frist beginnt mit dem Schluss des entsprechenden Bilanzjahres. Darüber hinaus ist zu beachten, dass für Pensionszusagen das sog. Schriftformerfordernis auch nach Ablauf der zehn Jahre erfüllt sein muss (es muss somit eine schriftliche Pensionszusage vorliegen und nachgewiesen werden). 

Die einkommensteuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 41 ff EStG) sowie die Aufbewahrungspflichten nach §§ 4, 5 LStDV erfassen die steuerrechtlich relevanten Bestandteile der Personalakten und sind für die Lohnsteuer-Außenprüfung wesentlich; sie betragen jedoch (nur) sechs Jahre. 

Handelsrechtlich ist die längste Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren in § 257 Abs. 4 HGB geregelt. Hiervon be-troffen sind allerdings nur die gewinnrelevanten Buchungsbelege (= Belege, die nachweisen, dass einem gebuch-ten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Vorgang zugrunde liegt), die zur Gewinnermittlung des Betriebs maßgeblich sind (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Darüber hinausgehende Unterlagen und Dokumente unterliegen max. einer sechsjährigen Aufbewahrungsfrist. Folglich sind die steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen umfassender.

Sozialversicherungsrechtlich sind die Beitragsabrechnungen und -nachweise des Gesamtsozialversicherungsbei-trags aufbewahrungspflichtig. Nach § 28f SGB IV haben alle Unternehmer die Entgeltunterlagen aller Beschäftig-ten eines Unternehmens – geordnet und getrennt nach Kalenderjahren – aufzubewahren. Die Entgeltunterlagen sind bis zum Ablauf des auf die letzte Betriebsprüfung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren. Durch das Prü-fungsintervall von vier Jahren nach § 28p Abs. 1 SGB IV werden diese also bis zu fünf Jahre aufbewahrt und sind damit ebenfalls kürzer als die zu beachtenden steuerlichen Aufbewahrungsfristen (dies gilt ebenso für die Aufbewahrungspflicht gemäß § 28 KSVG). 

Aus arbeitsrechtlicher Sicht besteht eine Aufbewahrungspflicht (lediglich) nach § 11 Abs. 2 S. 1 BetrAVG und be-trifft die Unterlagen zur Ermittlung des Beitrags zum PSVaG. Diese Frist beträgt sechs Jahre. 

Unabhängig von dieser Aufbewahrungspflicht kann der Arbeitgeber die Unterlagen eines Arbeitsverhältnisses solange aufbewahren, bis nicht mehr damit gerechnet werden muss, dass Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem beendeten Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden. Dieser Zeitrahmen ist durch den spezifischen Einzelfall geprägt. Der Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 18a BetrAVG verjährt erst nach 30 Jahren. Dies gilt für den Versorgungsanspruch als solchen (auch genannt Rentenstammrecht). Diese Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen (Renten) unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. 

Im Unterschied zu den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen obliegt hier dem Arbeitgeber die geschäftspolitische Entscheidung, ob und welche Unterlagen er bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfristen aufbewahren möchte. 

 

4. In welcher Form müssen die Unterlagen aufbewahrt werden?

Für bAV-Unterlagen (gemäß Ziffer II) ist u. E. nicht zwingend, dass die Aufbewahrung im Original (Papierform)* erfolgen muss. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Dokumente auf einem elektronischen Datenträger aufbewahrt werden können (z. B. elektronische Personalakte). Voraussetzung ist jedoch, dass diese elektronische Aufbewahrung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Es muss sichergestellt sein, dass die Wiedergabe der Daten bildlich und inhaltlich mit dem Original übereinstimmt. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die bAV-Unterlagen innerhalb der bestehenden Aufbewahrungspflichten und -fristen jederzeit verfügbar und unverzüglich lesbar gemacht werden können. Da die Beweiskraft eines Dokumentes in Originalform höher ist, als in digitalisierter Form, muss der Steuerpflichtige entscheiden, ob zur Sicherung der Beweiskraft Unterlagen zusätzlich in der Originalform aufbewahrt werden sollen.

Werden aufzubewahrende Unterlagen in elektronischer Form gespeichert, ist der steuerpflichtige Arbeitgeber nach § 147 Abs. 5 AO verpflichtet, auf seine Kosten der Finanzbehörde diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen (z. B. Ausdruck der Unterlagen auf eigene Kosten). 

 

5. Gibt es eine Kollision mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen? 

Die oben genannten Unterlagen (gemäß Ziffer 2) enthalten häufig personenbezogene Daten der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Sie dürfen daher nicht beliebig lange aufbewahrt werden. Vielmehr haben die betroffenen Arbeitnehmer nach Art. 17 Abs. 1 lit. a) bis f) DSGVO ein Recht auf das Löschen dieser Daten. Von der Löschpflicht bestehen jedoch zahlreiche Ausnahmen. Praxisrelevant sind in diesem Zusammenhang insbesondere gesetzliche Aufbewahrungsfristen, die eine weitergehende Verarbeitung der entsprechenden Daten zulassen. Zudem kann eine Verarbeitung personenbezogener Daten dann zulässig sein, wenn sie für den Verantwortlichen zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist (Art. 17 Abs. 3 lit. e) DSGVO). Damit ist zwar keine pauschale Speicherung personenbezogener Daten für sämtliche potenziell denkbaren, künftigen Rechtsstreitigkeiten möglich. Vielmehr bedarf es zur Konkretisierung der Erforderlichkeit der weiteren Verarbeitung möglichst konkreter Anhaltspunkte bzw. plausibler Kriterien. Die einschlägigen Verjährungsfristen sind derartige plausible Kriterien. Da der Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 18a BetrAVG erst nach 30 Jahren verjährt, kann ein Gleichlauf der Lösch- und Verjährungsfristen sachgerecht sein. Der Arbeitgeber wird nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen dazu gezwungen, auf legitime Darlegungs- und Beweismittel zu verzichten. 

 

6. Bestehen Sanktionen bei einem Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten?

Verletzungen der Aufbewahrungspflicht können je nach Rechtsgebiet verschiedene Rechtsfolgen nach sich ziehen. Aus handelsrechtlichen Vorschriften drohen keine direkten Sanktionen, jedoch können sich aus anderen Rechtsgebieten Sanktionen ergeben (z. B. gemäß Strafgesetzbuch). Steuerrechtlich ist die Finanzbehörde bei fehlender Beweiskraft der Buchführung – berechtigt, Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 AO); dem Steuerpflichtigen obliegt es dann, steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen zu beweisen. Darüber hinaus kann eine Sanktion im Rahmen einer ordnungswidrigen Steuergefährdung (§ 379 AO) drohen. 

 

Der Autor:

Der Autor: Andreas Moritz

Andreas Moritz
Rentenberater betriebliche Altersvorsorge

 

 

* Versorgungszusagen sind zu ihrer arbeitsrechtlichen Wirksamkeit grundsätzlich nicht formbedürftig. Versorgungszusagen bedürfen daher grundsätzlich nicht der Schriftform. Auch mündlich erteilte Zusagen wie solche aus betrieblicher Übung lassen eine arbeitsrechtlich wirksame Verpflichtung entstehen. Dem steht zunächst auch das Nachweisgesetz nicht entgegen.

Die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage (§ 6a EStG) und die steuerlichen Zuwendungen im Rahmen einer Unterstützungskassenversorgung
(§ 4d EStG) erfordern die sog. einfache Schriftform (gemäß § 126 BGB). § 126 BGB erfordert hierbei, dass „…die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden...“ muss. Eine Faksimile-Unterschrift erfüllt die Erfordernisse zwar nicht, stellt aber im Rahmen der Beweiswürdigung aus unserer Sicht noch eine ausreichende Verbindung zur Unterzeichnung her. 

 

 

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